
Politische Bildung im Jugendstrafvollzug
Angebote und Evaluationen unter
besonderen Bedingungen
Maßnahmen der politischen Bildung bieten Möglichkeiten zu Reflexion und
Diskussion
über demokratische Werte und Normen. Im Jugendstrafvollzug kann
eine Zielgruppe erreicht werden, die für diese Angebote sonst kaum erreichbar ist.
Was politische Bildung unter den besonderen Bedingungen des Strafvollzugs
leisten
kann, können Evaluationen offenlegen.
Politische Bildung in Jugendstrafanstalten ist ein vergleichsweise
neues Handlungsfeld, das in den letzten Jahren zunehmend
von verschiedenen anstaltsexternen Akteur*innen
(z. B. von Trägern aus der Sozialarbeit, der Medienpädagogik,
der Theater-, Kunst- und Musikpädagogik und weiteren Bereichen
und Disziplinen) erschlossen wird. In diesem Umfeld
haben sie das Potenzial, mit den jungen Inhaftierten eine
Zielgruppe zu erreichen, die für solche Angebote sonst nur
schwer erreichbar ist. Die Angebote bieten ihnen in der Haft
Raum für Diskussionen und Reflexionen über Themen wie
Partizipation, Demokratie, Vielfalt, Identität, Meinungsfreiheit
und gesellschaftliches Zusammenleben.
Maßnahmen der politischen Bildung in totalen
Institutionen
Politische Bildung in Haft bewegt sich in einer relativ kleinen,
sehr spezifischen Nische und kann kaum auf bewährte Methoden
zurückgreifen. Auch die Forschung zu diesem Thema
ist rar gesät. Die wenigen Studien aus diesem Bereich betonen
vor allem die Spannungsfelder und Herausforderungen, mit
denen sich die Durchführenden und Beteiligten von politischer
Bildung in Haftanstalten konfrontiert sehen (z. B. Schneider
2021). Vor allem die Rahmenbedingungen in Haftanstalten
als „totale Institutionen“ (vgl. Goffman 1973: 15 ff) widersprechen
den Inhalten und Themen, die bei politischen Bildungsprogrammen
im Zentrum stehen, teilweise grundlegend.
So steht bei Maßnahmen der politischen Bildung beispielsweise
häufig die Reflexion von Meinungs- und Partizipationsfreiheit
im Fokus.
Gleichzeitig bietet das Umfeld wenige bis gar keine
Möglichkeiten der Mitbestimmung. Darüber hinaus sind Projekte der politischen Bildung in diesem Kontext stark von
der engen Kommunikation und Kooperation zwischen verschiedenen
Akteur*innen mit teilweise unterschiedlichen
Interessen abhängig (z. B. Anstaltsleitung, Sozialdienste,
Justizvollzugsbeamte, Inhaftierte, Fachpraktiker*innen,
Geldgeber).
Herausforderungen für die Evaluation von
Angeboten der politischen Bildung im
Jugendstrafvollzug
Der spezifische Kontext des Jugendstrafvollzugs stellt sowohl
für die Durchführung von Maßnahmen der politischen Bildung
als auch für deren Evaluation eine besondere Herausforderung
dar. So ergeben sich aus den Rahmenbedingungen der Projekte
(z. B. Fluktuation der Teilnehmenden aufgrund von
Versetzungen, Entlassungen, Ausschlüssen als Disziplinarmaßnahme,
usw.)…
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Die Autorinnen
Sina Tultschinetski, M. Sc. Psychologie, ist Projektkoordinatorin
des Transferprojekts RADIS im Programmbereich
„Transnationale Politik“ am PRIF – Leibniz-Institut für
Friedens- und Konfliktforschung. Ihre Arbeitsschwerpunkte
sind Extremismus, Radikalisierung und Demokratieförderung
in Deutschland und Europa.

Dr. Désirée Theis, M. Sc. Mental Health, ist wissenschaftliche
Mitarbeiterin in der Abteilung „Lehr- und Lernqualität
in Bildungseinrichtungen“ am DIPF I Leibniz-Institut für
Bildungsforschung und Bildungsinformation. Aktuell
koordiniert sie das vom BMBF geförderte Projekt PaTH,
das sich mit partizipativem Wissenstransfer zwischen
Hochschule und Schulpraxis beschäftigt.