Konzepte von Zukunft von und für (politische) Bildung


Die Umsetzung des Zukunftsprinzips in der politischen Bildung gestaltet sich als eine herausfordernde Aufgabe. Dabei steht die grundlegende Frage im Mittelpunkt, welche Lebensweise wir anstreben und wie wir die Gestaltung unserer Demokratie sehen. Utopien zu entwickeln bedeutet, sich von festen Vorstellungen über die Gegenwart zu lösen. Die Zukunft ist unsicher und ungewiss, und Menschen müssen lernen, damit umzugehen. Die Stärkung der Resilienz von Menschen kann durch politische Bildung erfolgen. 

Das Konzept Zukunft ist von grundlegender pädagogischer Bedeutung. Der Sozialpädagoge Klaus Mollenhauer (1980: 101) sprach daher davon, dass sie eine pädagogische Kategorie darstelle, „von der alles abhängt“. Entscheidend ist nun allerdings, welche Konzeption von Zukunft pädagogischen Programmen und Maßnahmen verfolgen. Sie unterscheiden sich anhand ihres Zukunftsbezugs. Reduziert man Pädagogik darauf, menschliches Verhaltens an vorherrschende Maßstäbe anzupassen, z.B. in Form einer vereinfacht-behavioristischen oder einer gewaltvollen straforientierten Erziehung, dann ist die Zukunft immer schon vorgegeben: Als Welt, wie sie Erwachsene in einer bestimmten Art und Weise für Kinder, Jugendliche oder andere Erwachsene definieren. Sinnbildlich steht dafür die Fürsorgeanstalt im 19. und 20. Jahrhundert, die Kindern und Jugendlichen bestimmte sittliche Verhaltensmuster antrainieren wollte, aber auch die Schule oder Hochschule am Beginn des 21. Jahrhunderts, wenn sie Inhalte und Didaktik aufgrund ihrer Kompatibilität für den bestehenden Arbeitsmarkt auswählt. 

Offenes und geschlossenes ­Zukunftskonzept

Fasst man Pädagogik dagegen als einen Prozess der Ausstattung von Menschen, mit dem Ziel der Mündigkeit und Selbstbestimmung, dann ist es Pädagog*innen nicht möglich, bereits zu wissen, was die Zukunft für diejenigen bringen wird, für die sie einen Schulunterricht gestalten, ein Jugendzentrumsprogramm ermöglichen oder ein Angebot der beruflichen oder der politischen Bildung umsetzen. Zukunft wird in diesem Fall ergebnisoffen gedacht. Exemplarisch illustrieren das Versuche der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, die Freiwilligkeit, Offenheit, Selbstbestimmung und Partizipation zu zentralen Arbeitsprinzipien erklären (z.B. Sturzenhecker 2011), aber auch entsprechende Versuche im Feld der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung. Die unterschiedlichen Auffassungen über Bildung und Erziehung spannen sich zwischen diesen Polen auf, lassen sich also danach unterscheiden, ob sie ein eher geschlossenes oder eher ein offenes Zukunftskonzept unterstellen. Für die politische Bildung stellt sich dieser Zusammenhang noch einmal in zugespitzter Art und Weise dar. Schließlich reguliert und gestaltet Politik soziale Zusammenhänge und ist ebenfalls durch ihren grundlegenden Zukunftsbezug gekennzeichnet. Das ist durchaus analog zur Pädagogik. Auch…

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Der Autor

Dr. Fabian Kessl ist Professor für Sozialpädagogik mit sozialpolitischen Grundlagen an der Bergischen Universität Wuppertal. Arbeitsschwerpunkte sind Transformation von Bildung und Sozialem sowie (De-)Institutionalisierung von Bildung und Erziehung.

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