„Es braucht eine positive Erzählung der Demokratie!“

Rede zur Kundgebung „Zusammen für unsere Demokratie“

Im Rahmen der Kundgebung „Zusammen für unsere Demokratie“ von Bad Camberg wurde Benno Hafeneger am 16. März 2024 eingeladen, diese vorab durch eine Eingangsrede zu rahmen. Hafeneger hat in der hessischen Kleinstadt seine Kindheit und Jugend verbracht und ist hier zur Schule gegangen. Seine Gedankengänge rahmen die vielfältigen Demonstrationen, die seit Beginn dieses Jahres an vielen Orten in Deutschland ihren Ausdruck finden.

„Seit den rassistisch motivierten Morden in Hanau und der Ermordung des Kasseler Regierungspräsident Walter Lübke, seit den gewaltförmigen Putschplänen aus der Reichsbürgerszene, seit den vielen weiteren rassistisch motivierten Morden, einer Vielzahl von Gewalt- und Straftaten in den letzten Jahren, seit den Wahlergebnissen der in großen Teilen völkischen und rechtsextremen sowie antidemokratischen AfD, dann den menschenverachtenden Inhalten („Hass und Hetze“) im Netz ist die Demokratie herausgefordert. Sie wird vom rechten Populismus und Extremismus angegriffen, denunziert und bekämpft; und sie ist herausgefordert wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Lange war es in der Zivilgesellschaft ruhig, viele waren zwar beunruhigt und besorgt, haben sich aber nicht öffentlich verhalten und Stellung bezogen. Das hat sich mit der Correctiv Recherche zum Potsdamer Geheimtreffen, an dem AfD-Politiker, Identitäre (deren Chef Martin Sellner), Personen aus der Werteunion und Wirtschaft teilgenommen haben, geändert; man könnte sagen, dass mit dem Treffen viele aufgewacht sind. Inzwischen werden immer mehr derartige Treffen bekannt und damit belegt, wie hochgradig vernetzt die rechtsextreme Szene ist und welche Allianzen es gibt. Dazu gehören die AfD, Identitäre, Reichsbürger, NPD/Die Heimat, Freie Sachsen, dann Schulungszentren (z. B. das „Institut für Staatspolitik“) und Publikationen. Auf diese Entwicklung und Dynamik im rechten Lager ist mit wissenschaftlichen Befunden wiederholt hingewiesen worden.

Um was ging es und was war Thema des Treffens von den rechten Akteuren in Potsdam? Mit dem harmlosen Begriff „Remigration“ – der übrigens aus der Wissenschaft gekapert ist – wurde über rassistische Vertreibungs- und Deportationspläne referiert und diskutiert. Remigration ist ein Kampfbegriff für eine ethnisch-homogene Gesellschaft. Aus rechter Sicht sollen missliebige und nicht integrierte Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund zwangsrückgeführt, vertrieben und deportiert werden – das ist NS-Denken und NS-Jargon einer rassistischen Partei. Der zentrale Akteur und Ideologieproduzent der AfD – Björn Höcke – hat schon vor drei Jahren in einem Buch formuliert, dass „Remigration“ eine „wohltemperierte Grausamkeit“ (d. h. Gewalt) brauche. Er schreibt von einem „groß angelegten Remigrationsprojekt kulturfremder Menschen, dass kommen müsse, wenn die AfD an der Macht sei“.…

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Der Autor

Prof. em. Dr. Benno Hafeneger lehrte und forscht an der Philipps-Universität Marburg zu Jugend und außerschulischer Jugendbildung und ist Mitglied der JOURNAL-Redaktion.

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