Zur Relevanz politischer Aktion für politische Bildung

Steve Kenner: Politische Bildung in Aktion. Eine qualitative Studie zur Rekonstruktion von selbstbestimmten Bildungserfahrungen in politischen Jugendinitiativen. Wiesbaden (Springer VS) 2021, 290 S., 42,79 € (print), als PDF kostenfrei


Bei dieser Monographie handelt es sich um die Dissertationsschrift von Steve Kenner, in der er die Bedeutung politischer Aktionen von Jugendlichen in selbstorganisierten und selbstbestimmten Gruppen (u. a. Anti-Rassismus- und Umweltgruppen) für politische Bildungsprozesse mithilfe leitfadengestützter Interviews und qualitativer Inhaltsanalyse erforscht. Die daraus resultierenden Implikationen werden in Impulse für die Weiterentwicklung „einer handlungsorientierten und emanzipatorischen politischen Bildung“ (10) transformiert.

Zunächst nähert sich der Autor in seiner Studie dem Begriff und Konzept der politischen Partizipation als politische Aktion an, indem er kriteriengeleitet Gegensatzpaare, wie beispielsweise „sozial oder politisch?“ und „konventionell oder unkonventionell?“, als maßgeblich für seine Konzeptualisierung von Partizipation fokussiert. Im Zentrum der Arbeit stehen junge Menschen, „die Erfahrungen mit nicht-institutionalisierten, unkonventionellen, selbstorganisierten, politischen Aktionen sammeln, die in der Regel kollektiv durchgeführt werden“ (28) und die partiell Elemente zivilen Ungehorsams aufweisen. Im Rekurs auf aktuelle Jugendstudien konstatiert Kenner, dass das grundsätzliche politische Interesse Jugendlicher zunähme, aber dies nicht zwangsläufig zu einem Zuwachs an realer politischer Partizipation führe – insbesondere die In­sti­tution Schule und ihre Strukturen würden von den Schüler*innen als partizipationsfeindlich erlebt.

Kenner versteht unter politischer Aktion eine Praxis bürgerschaftlichen Handelns, „die sich loslöst von Staatsbürgerschaft als Status (Nationalität, Wahlrecht usw.) und damit verbundenen konventionellen und institutionalisierten Handlungsfeldern“ (41). Das seiner Studie zugrunde liegende Bildungsverständnis konkretisiert er, indem er die Subjektorientierung als unhintergehbare Voraussetzung emanzipatorischer politischer Bildungsprozesse setzt. Im Folgenden beschreibt der Autor den theoretischen Rahmen seiner qualitativen Studie, indem er zentrale politikdidaktische Kompetenzen, wie Analysefähigkeit, politische Urteilsbildung und Handlungsfähigkeit, für die Zielperspektive politische Mündigkeit emanzipativ fundiert. Ferner falsifiziert Kenner mit Blick auf die Menschenrechte und das Grundgesetz die kursierende These eines „Neutralitätsgebotes“, die häufig gegen politische Aktionen im schulischen Kontext ins Feld geführt wird, und argumentiert für eine Verankerung politischer Bildung und Partizipation in allen Landesverfassungen. Im Hauptkapitel analysiert der Autor politische Aktionen als Bildungserfahrungen auf Basis von Interviews mit politisch aktiven Schüler*innen. Die…

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Der Autor

Ralph Blasche, Studienrat für die Fächer Politik & Wirtschaft, Philosophie, Ethik und Deutsch an einem Oberstufen­gymnasium in Frankfurt/M.

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