Zukunft erzählen in der Normalität der Krise. Geht das?

Bundeskongress politische Bildung 2023: Gegenwartsdeutungen – Zukunftserzählungen. Politische Bildung in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche 

Mit über 1.000 Teilnehmenden war der 15. Bundeskongress Politische Bildung restlos ausgebucht. Die Bundeszentrale für politische Bildung, die deutschen Vereinigung für politische Bildung und der Bundesausschuss für politische Bildung hatten vom 2. bis 4. November nach Weimar eingeladen, um grundsätzliche Fragen zu stellen: Was sind adäquate Deutungsangebote der Gegenwart? Welche positiven Gegenwarts- und Zukunftsbilder gibt es, auf die man sich zubewegen kann? In welchem normativen Rahmen soll sich die politische Bildung der Zukunft bewegen? Es ging also ums große Ganze. Seit dem letzten Bundeskongress 2019 ist viel passiert: Die Corona-Pandemie, Demokratiegefährdungen, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Verschärfung der Klimakrise, Inflation, unsichere Energieversorgung und der Terrorangriff der Hamas auf Israel. Wie kann man all diese Krisen reflexiv aufgreifen? Jede einzelne wäre bereits ein eigenes Kongressthema. Auch die Politische Bildung als Profession steht unter Druck. Zu den genannten Krisen, die alle betreffen, ist sie zunehmend extremismuspräventiven Vereinnahmungen seitens der Förderinstitutionen ausgesetzt. Zudem sorgten die im Sommer 2023 bekannt gewordenen Kürzungspläne der Bundesregierung für Verunsicherung. Der Kongress zielte vor diesem Hintergrund auf Verortung und Orientierung für die Zukunft. Die plurale Trägerlandschaft der politischen Bildung war in großer Breite angereist, um ihre vielfältigen Zugänge und Perspektiven in die Debatte einzubringen. Und auch die eingeladenen Speaker*innen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen und Praxisfeldern ermöglichten einen Blick über den eigenen Tellerrand. Die Keynotes zum Auftakt kamen aus den Sozialwissenschaften: Die Migrationsforscherin Naika Foroutan und der Soziologe Raj Kollmorgen benannten Migration, die gesellschaftliche Pluralisierung und die sozial-ökologische Transformation als zentrale Konfliktfelder der Gesellschaft und Herausforderungen für die politische Bildung. Diese können aber auch Räume der Verständigung und verbalen Abrüstung schaffen, in denen auch gegensätzliche Perspektiven demokratisch verhandelt werden. 

Auf der Suche nach Zukunft 

Die Frage nach dem Verhältnis der politischen Bildung zur Zukunft zog sich quer durch alle Diskussionen des Bundeskongresses. Sie kam auf verschiedenen Ebenen zur Sprache: Wie zukunftsfähig ist die Politische Bildung selbst? Wie inklusiv ist sie? Bezieht sie postmigrantische, postkoloniale und globale Perspektiven ein? Auf einer anderen Ebene ging es um die Frage, wie sich „Zukunftsfähigkeit“ vermittelt und welche Rolle politische Bildung hier einnehmen kann. Bei allen…

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Die Autor*innen

Hanna Lorenzen, Politikwissenschaftlerin M. Sc., Generalsekretärin der Evangelischen Akademien in Deutschland e.V.

Mark Medebach, Dipl.-Sozialwissenschaftler, leitet den Bereich Politische Bildung und Öffentlichkeitsarbeit bei den Evangelischen Akademien in Deutschland e.V.

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