Zugänge zur politischen Bildung nach Milieu und Habitus
Zugänge zum Politischen und politischer Bildung unterliegen sozial ungleichen Voraussetzungen. In Bezug auf geflüchtete Menschen führt das beispielsweise dazu, dass ihnen immer noch strukturelle Barrieren in ihrer politischen Teilhabe begegnen und ein einseitiges Sprechen über Geflüchtete und ihre politischen Anliegen erfolgt. Diese Perspektiven lassen sich angelehnt an das Konzept des politischen Feldes (vgl. Bourdieu 2001) verdeutlichen, wobei milieu- und habitusspezifische Zugänge zum Politischen sichtbar werden, die Folgen für die Konzeption politischer Bildung haben. Ergänzt um empirische Einblicke, in denen politische Erfahrungen und Anliegen von Geflüchteten selbst zum Ausdruck kommen, werden Impulse für eine politische Bildung abgeleitet, die ungleichheitssensible Zugänge zum Politischen und lebensweltliche Perspektiven Geflüchteter berücksichtigt.
Bei der Frage, wie eine umfassende Partizipation am „Politischen“ zu verwirklichen ist, lässt sich gut an Überlegungen Pierre Bourdieus anknüpfen. In Anlehnung an Marx und Engels Vorstellung einer egalitären Gesellschaft, in der sich jede und jeder frei an den öffentlichen Angelegenheiten beteiligen kann, formuliert er (1982: 620): „Es gibt keine Politiker, sondern höchstens Menschen, die u.a. auch politisch tätig sind“. Diese Vorstellung von einem politischen Diskurs und einer politischen Praxis, die alle berücksichtigt, macht er zum Ausgangspunkt für seine Analysen. Er rückt „die sozialen Bedingungen des Zugangs zur Politik“ in den Mittelpunkt (Bourdieu 2001: 43) und nimmt die daraus hervorgehenden Mechanismen in den Blick, die eine egalitäre Partizipation verhindern. Denn geprägt ist diese stark davon, dass Gruppen mit geringeren sozialen und kulturellen Ressourcen hier weniger sichtbar sind. Für Deutschland wurde jüngst empirisch herausgearbeitet, dass sich soziale Ungleichheit in erheblicher Weise in politische Ungleichheit übersetzt, wodurch das grundlegende demokratische Prinzip der politischen Gleichheit verletzt wird (vgl. Elsässer/Hense/Schäfer 2017: 162).
Der skizzierte Grundgedanke lässt sich auch auf die politische Bildung übertragen. Für die politische Erwachsenenbildung bedeutet das: Die Angebote stehen jedem offen – aber nicht alle gehen hin! Konkret weiß man seit langem, dass zum überwiegenden Teil ein sozial und kulturell privilegierter sozialer Ausschnitt der Adressat*innen erreicht wird (vgl. Bremer/Kleemann-Göhring 2010). Um das zu verstehen, ist es Bourdieu folgend auch hier wichtig, die unterschiedlichen sozialen Zugänge und Voraussetzungen in den Blick zu nehmen.
Ungleiche Zugänge zum Politischen: Legitim und nicht-legitim
Hilfreich hierzu ist das Konzept des politischen Felds (vgl. Bourdieu 2001; erweitert durch Bremer/Kleemann-Göhring 2010). Es kann vereinfacht als eine Art „Mikrokosmos“ verstanden werden, in dem bestimmte Regeln, eine bestimmte Sprache und eine bestimmte…
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Autor*innen
Catrin Opheys, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Erwachsenenbildung/Politische Bildung der Universität Duisburg-Essen, zudem freiberuflich in der politischen Bildungsarbeit tätig. Arbeitsschwerpunkte: Politische Bildung und Partizipation; diskriminierungskritische und ungleichheitssensible Bildung.
Prof. Dr. Helmut Bremer, Leiter des Fachgebiets Erwachsenenbildung/Politische Bildung an der Universität Duisburg-Essen. Arbeits-/Forschungsschwerpunkte: Politische Erwachsenenbildung; soziale Ungleichheit, Bildung und Weiterbildung; Habitus, Lernen und Sozialisation.