Mehr Demokratie zur Verteidigung der Demokratie
Zunehmender Populismus, Herausforderungen der Globalisierung und soziale Ungleichheiten sind nur einige der sichtbaren Bruchlinien innerhalb unserer demokratischen Gesellschaft. Um Zustand und Zukunft der liberalen Demokratie drehte sich die AKSB-Jahrestagung am 22. und 23. November 2021. Als Präsenzveranstaltung geplant, musste die Tagung kurzfristig in den digitalen Raum verlegt werden. Das hielt die Teilnehmenden nicht davon ab, sich intensiv mit der freiheitlich-demokratischen Ordnung in Deutschland zu befassen, etwa: Wie gefährdet sind unsere Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt tatsächlich? Was sind die Ursachen, welche Gegenstrategien gibt es? Welche Rolle kommt der politischen Bildung in kirchlicher Trägerschaft zu? Rüdiger Paus-Burkard, Vorstandsmitglied der AKSB und Direktor der Akademie Klausenhof, spitzte die Fragen noch etwas zu: „Wir müssen uns nicht nur der Frage stellen, worauf wir uns einigen können, sondern auch: Wollen wir uns überhaupt noch einigen? Denn es braucht gar keine Populisten – wir schaffen es auch bei ganz normalen Dingen nicht mehr, uns zu einigen.“
Nichtsdestotrotz sah Prof. Dr. Michael Zürn vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professor für Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin, im Aufkommen von Populisten einen bedeutenden Anteil, dass Demokratien zurückgehen. In seiner Bestandsaufnahme über den „Zustand der Demokratie im Zeitalter von Pandemie und Digitalität“ legte er Gründe für den Aufstieg des autokratischen Populismus dar: Die politischen Parteien und gerade die autokratischen Populisten würden stark zu der Polarisierung beitragen. Das Auseinandertriften habe viel mit dem politischen Diskurs zu tun, aber auch mit gesellschaftlichen Problemen. „Allerdings: Die vielbeklagte Polarisierung ist nicht das beste Mittel, um den Zustand der Gesellschaft zu beschreiben. Vielleicht ist die Gesellschaft gar nicht so stark zerfallen.“
Als mögliche Gegenstrategie schlug Zürn vor: „Vielleicht muss man Wege finden, damit umzugehen, ohne gleich mit einer Gegenposition oder Gegenradikalisierung zu antworten.“ Beschneidungen demokratischer Prinzipien seien auf jeden Fall der falsche Weg: „Die Demokratie weiter einzuschränken, führt zu ihrer Abschaffung. Die Verteidigung der Demokratie erfordert mehr Demokratie.“
Auch auf die Rolle der Schulen ging Zürn ein und verwies darauf, dass häufig ein Idealbild von Demokratie vermittelt werde. „Das funktioniert aber in der Weise nicht mehr. Vielleicht ist es wichtig, weniger Demokratie als Idealzustand, sondern eine größere Bereitschaft für eine Ambivalenz zu vermitteln.“ Zur Aufgabe der politischen Bildung befragt, waren zwei Punkte für Zürn klar: „Erstens ist politische Bildung zentral wichtig. Demokratie ist nicht etwas Selbstverständliches, sondern Menschen müssen lernen, in einer Demokratie zu leben. Und zweitens muss das Curriculum an die Problemlagen…
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