Familienbildungsstätten als Orte politischer Bildung
Familienbildungsstätten sind Orte von Bildungsarbeit zu familienrelevanten Themen. Sind sie auch Orte politischer Bildung? Dialogische didaktische Konzepte politischer Familienbildung aus den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts können, überarbeitet, auch die politische Dimension von Familienbildung in der Gegenwart strukturieren.
Familienbildungsstätten sind heterogen strukturierte
Einrichtungen, sie sind unterschiedlich gesetzlich
verankert und werden verschiedenartig finanziert.
Bundesweit ist Familienbildung über den Paragraph
16 des SGBVIII in das Kinder- und Jugendhilfesystem
eingebunden. In einigen Bundesländern (NRW,
Hessen, Niedersachsen) gehört sie über eine Verankerung
in der Weiterbildungsgesetzgebung zusätzlich
zur Grundversorgung der Weiterbildung.
Fehlt diese Einbindung in die Weiterbildung, ist die
Familienbildung deutlicher sozialpräventiv ausgerichtet
(Becker 2018: 23). Ist sie vorhanden, begründet
sich Familienbildung stärker erwachsenenpädagogisch als selbstbestimmtes Lern- und Bildungsangebot
für Erwachsene unabhängig von deren
Bedürftigkeit (Fischer 2018: 55). Aktuell thematisieren diverse Veröffentlichungen
Familienbildungsstätten als Orte politischer Bildung/
Demokratiebildung. Diese Diskussion entfaltet
verschiedene Ebenen bzw. Facetten einer solchen
„politischen“ Familienbildung (vgl. Kleint 2022: 108):
- Die Zugänglichkeit von Angeboten und Formaten der Familienbildung für alle wird in der Auseinandersetzung mit Ungleichheit und ungleichen Chancen als politischer Aspekt thematisiert (Fischer 2018: 11, Kleint 2022: 110).
- Der demokratisch/partizipative Charakter der Arbeitsweise in der Familienbildung wird thematisiert (Dubiski/Schipperges/Volf 2022: 34 f.).
- Demokratieerziehung in der Familie wird als Thema der „allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie“ nach § 16 aufgerufen, für die Familienbildung Eltern zu qualifizieren hätte (Dubiski/Schipperges/Volf 2022: 11 ff.).
- Schließlich kreisen Auseinandersetzungen darum, wie die Arbeit in der Familienbildungsstätte inhaltlich und didaktisch selbst politisch sein kann – wie kann der Elternabend, der Elternkurs, die Arbeit in offenen und aufsuchenden Formaten selbst „empowernd“ (Farrokhzad/Zufacher 2022) oder „emanzipatorisch“ (Becker 2022) sein?
Im Folgenden soll auf die letzte Ebene Bezug
genommen werden. Zwischen dieser und der
ersten Ebene entsteht ein Spannungsverhältnis.
Sell formuliert das so: „Immer wieder kreisen das Denken oder die
Erwartungen der Politik oder politischer Entscheidungsträger
um die Frage, wie und inwieweit
es der Familienbildung gelingen kann,
bestimmte bislang nicht oder nur unterrepräsentierte
Familien zu erreichen und auf eine
bestimmte…
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Die Autorin
Ute Müller-Giebeler ist
Professorin für Familienbildung an
der Fakultät für Angewandte
Soz.wissenschaften der TH Köln,
davor Leitung einer Familienbildungsstätte.
Schwerpunkte:
Bildungsbegriff und
Professionalität
in der Familienbildung