Die Eskalationsspirale muss durchbrochen werden!

Vorschläge zur Intensivierung von Diplomatie treffen angesichts der dramatischen Bilder aus der Ukraine oft auf Unverständnis. In medialen Talkshows wird gern angeführt, man könne auf einen Angriffskrieg nicht mit Kooperation, sondern nur mit Konfrontation reagieren. Aber nur durch kluge Diplomatie kann die Ausweitung des Kriegs verhindert und können Zeitfenster für Verhandlungen ausgelotet werden. Es geht darum, die Ukraine als souveränen Staat zu retten. Gleichzeitig müssen die mit dem Krieg verbundenen Konflikte transformiert werden. Dafür sollte man den historischen Verlauf reflektieren. Auch angesichts erneuter Blockkonfrontation darf man über eine europäische Sicherheits- und Friedensordnung nachdenken.


Der Angriffskrieg der russischen Regierung gegen die Ukraine stellt einen massiven Völkerrechtsbruch und Zerstörungsakt gegen die multilaterale Ordnung dar. Der Beschuss von Krankenhäusern, Wohngebäuden und Infrastruktur zielt auf Demoralisierung und verhöhnt auch das humanitäre Völkerrecht, das zum größtmöglichen Schutz der Zivilbevölkerung verpflichtet. Die entsetzlichen Gräueltaten, die die Kämpfe begleiten, sollten von unabhängigen Gerichten untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Sanktionen in den Bereichen Finanzen, Technologietransfer und – soweit möglich – auch im Bereich der Energie sind als weltweites Signal und aus Gründen der Solidarität mit der Ukraine unbedingt erforderlich. Allerdings werden sie vermutlich erst längerfristig Wirkung entfalten – hier müssen die Beteiligten also Durchhaltevermögen beweisen. Angesichts der Bilder von Tod, Leid und Zerstörung in der Ukraine müssen zugleich alle diplomatischen Kanäle genutzt werden, um mit humanitären Vereinbarungen Menschenleben zu retten (darum bemühen sich vor allem die UN-Institutionen), eine unkontrollierte Ausweitung des Kriegs zu verhindern und die Eskalationsdynamik einzuhegen. Die Motive für den Angriffskrieg gegen die Ukraine reichen von imperialen und geopolitischen Zielen (Herausforderung des internationalen Machtgefüges), über die Sicherung von ökonomischen Einflusssphären bis hin zum innenpolitischen Machterhalt. Die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen den die Ukraine unterstützenden westlichen Ländern und Russland bildet jedoch einen weiteren Faktor. Denkt man an Konflikttransformation, so muss auch der alles überwölbende Konflikt zwischen der NATO und Russland deeskaliert werden. Denn letztlich will der Kreml mit diesem Krieg gegenüber der NATO seine Macht demonstrieren und die ‚westliche Vorherrschaft‘ brechen.

Die gefährliche Eskalationsdynamik muss einhegt werden
Sanktionen sind wichtig, um auf die russische Regierung Druck auszuüben. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich rasch und einmütig zu mehreren Sanktionspaketen entschlossen. Allerdings weisen Friedensforscher*innen auch auf das eskalierende Potenzial von Sanktionen hin: Sie müssten Russland hart…

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Die Autorin

Dr. Martina Fischer ist Politikwissenschaftlerin und Friedensforscherin. Sie war knapp 20 Jahre bei der Berghof Foundation in Berlin tätig. Seit 2016 arbeitet sie bei Brot für die Welt als Referentin für Frieden und Konfliktbearbeitung.

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