Die Allgegenwart von Antifeminismus

Antifeminismus ist hochpolitisch, wird offensiv vertreten und bekämpft einen zum omnipotenten Feind herbeifantasierten Feminismus. Er ist sowohl eine der zentralen ideologischen Säulen der extremen Rechten als auch weit in der sogenannten Mitte der Gesellschaft zu finden. Antifeminismus gefährdet die demokratische Gestaltung gesellschaftlicher Geschlechterverhältnisse. Als antidemokratisches Phänomen geht er alle an – auch die politische Bildung.

Die natürliche Ordnung und mit ihr die gesellschaftliche Harmonie zwischen den Geschlechtern befindet sich in Gefahr? Ein allmächtiger und homogener Feminismus (vgl. Frick 2023: 5) zerstört die sorgfältig gepflegten Macht- und Herrschaftsverhältnisse? Der antifeministischen „Diagnose“ folgt immer stärker eine antifeministische Antwort: wehrhaft sein, zum Schweigen bringen, Macht erhalten – auch mit Gewalt, Mord und Terror.

Die neusten Ergebnisse der Leipziger Autoritarismus-Studie von 2022 (vgl. Decker u. a. 2022) sowie der allgegenwärtige und aus allen Ecken herausgebrüllte Reflex auf die „Meldestelle Anti­feminismus“ der Amadeu Antonio Stiftung 2023 zeigen jeweils eindrücklich auf, wie stark Antifeminismus in Deutschland verbreitet ist. Nicht nur bildet er als antidemokratisches Phänomen (vgl. Kalkstein u. a. 2022: 276) eine der zentralen ideo­logischen Säulen der extremen Rechten. Antifeminismus ist auch weit in der sogenannten Mitte der Gesellschaft zu finden und kann dort ebenfalls explizit vertreten werden – aggressiv, politisch und in Gegnerschaft zu feministischen Emanzipationsbestrebungen und der Auspluralisierung von sexuellen, geschlechtlichen und familiären Lebensentwürfen (vgl. Kalkstein u. a. 2022: 274). 

Warum eine Meldestelle Antifeminismus?
Seit Februar 2023 existiert die erste bundesweite zivilgesellschaftliche Meldestelle für antifeministische Vorfälle und schließt damit eine bestehende Lücke. Die Mitarbeiter*innen erreichen jedoch nicht nur Glückwünsche oder Anerkennung, sondern eine große Anzahl an Meldungen – und jede Menge Widerstand. 


Innerhalb des ersten Monats sind 700 Meldungen eingegangen



Die Angriffe und Reaktionen bezeugen einmal mehr die Notwendigkeit einer systematischen Erfassung des Phänomens Antifeminismus. Durch ein Monitoring ist die Meldestelle nun in der Lage, einen jährlichen Lagebericht anzufertigen, der aufzeigt, wer wo und in welcher Form von Antifeminismus betroffen ist. Die Betroffenenperspektive zum Ausgangspunkt für Handlungsstrategien zu nehmen, ist damit eines der zentralen Anliegen der Meldestelle. Innerhalb des ersten Monats sind bereits 700 verifizierte Meldungen eingegangen, je ein Drittel in den Kategorien Antifeminismus als organisierte politische Bewegung;…

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Autor*innen

Wiebke Eltze, Dipl.-Politikwissenschaftlerin, freie Referentin in der Rassismus- und Rechtsextremismusprävention und Demokratieförderung, Moderatorin und Beraterin, ist seit 2021 Bildungsreferentin der Fachstelle Gender, GMF & Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung.

Katja Teich, Dipl.-Politikwissenschaftlerin, ist Projektkoordinatorin der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus und politische Bildnerin.

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