Demokratiefördergesetz – Ministerien legen Diskussionspapier vor


Das Bundesinnenministerium des Innern und für Heimat (BMI) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) haben ein Diskussionspapier zu einem Demokratiefördergesetz vorgelegt. Die Zivilgesellschaft – wer auch immer damit genau gemeint ist – ist eingeladen, ihre Ideen zur Ausgestaltung eines geplanten Gesetzentwurfs einzubringen. Es handelt sich um ein gemeinsames Papier der beiden Ministerien, es ist weder ein Kabinettsbeschluss zu einem solchen Gesetz noch ein erster Entwurf eines zu beratenden Gesetzes. In der Pressemitteilung, mit der das Diskussionspapier veröffentlicht wurde, wird davon gesprochen, dass „mehr als 200 Dachverbände, Fachorganisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ aufgefordert sind, ihre Vorschläge und Forderungen zu formulieren.

 

In diesem Diskussionspapier wird zunächst erklärt, dass „die Bundesregierung […] entschlossen [ist], die Demokratie als Gesellschaftsform und Form des Zusammenlebens weiter zu gestalten, sie zu schützen und für aktuelle Herausforderungen (z. B. Globalisierung, Migration, Klimawandel, Digitalisierung) zu stärken.“ Interessant in dieser Stelle ist, dass versäumt wurde, dieses Engagement auch auf die Demokratie als Regierungs- und Herrschaftsform zu beziehen.

Das Diskussionspapier betont, dass „die Gestaltung der Demokratie […] aber nicht allein staatliche Aufgabe“ ist, sondern „gemeinsames Anliegen des Staates und einer lebendigen, demokratischen Zivilgesellschaft.“ Zahlreiche Initiativen, Vereine und Organisationen engagierten sich „im Bereich der Demokratieförderung und -stärkung, der politischen Bildung, der Gestaltung von Bildungschancen sowie bei der Auseinandersetzung mit und der Prävention von Extremismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit.“

 

Als Bedrohungen der Demokratie werden „Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus […] Antiziganismus, Islam- und Muslimfeindlichkeit, Antifeminismus, Queerfeindlichkeit und weitere Ideologien der Ungleichwertigkeit sowie Diskriminierungen“ aufgelistet. Weiter würde die Demokratie durch Verschwörungserzählungen im Kontext der Corona-Pandemie, Hass und Hetze im Internet sowie multiple Diskriminierungen zunehmend unter Druck gesetzt. Diesen allumfassenden Bedrohungen soll nun mit einem Gesetz begegnet werden, mit dem Projekte der Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention verlässlich unterstützt werden. Ziel ist die Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen und eine nachhaltige Absicherung der Fördermaßnahmen.

 

Es geht also um einen gesetzlichen Auftrag des Bundes im Bereich der o. g. Förderbereiche, um eine angemessene Finanzierung (nach Haushaltslage) und um die Formulierung allgemeiner Fördervoraussetzungen. In weiteren Passagen des Papiers werden die zu fördernden Maßnahmen skizziert und angedeutet. Konkret wird erwähnt, dass überregionale Strukturen der Opferberatung und der Unterstützung von Aussteiger*innen geschaffen werden sollen. In die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern und Kommunen soll auch die Bundeszentrale für politische Bildung einbezogen werden. Vorgesehen sind wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung der Fördermaßnahmen sowie die regelmäßige Berichterstattung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag.

 

Auffällig ist, dass im Diskussionspapier vermieden wird, die Aspekte der Sicherheitspolitik zu deutlich zu betonen. Es wird interessant sein, wie die organisierte politische Bildung mit ihren Dachverbänden, Organisationen und Einrichtungen sich zu den Überlegungen zu diesem Gesetz positionieren wird, das die Veränderungen der vergangenen Jahre in der Landschaft der politischen Bildung weiter beschleunigen wird. Werden sie versuchen werden, ihre Relevanz als eigenständige, profilierte und engagierte Akteure einer demokratischen politischen Bildung zur Vermittlung von Grundlagen und Werten der Demokratie, Kompetenzen politischen Handelns und zur Bewältigung gesellschaftlicher und politischer Konflikte und Probleme überzeugend zu konturieren und in die Debatte einzubringen?

 

Klaus Waldmann, leitender Redakteur des Journals

Das Diskussionspapier: https://t1p.de/q9gam