Politische Bildung wider die Neutralitätsideologie

Alexander Wohnig, Peter Zorn (Hg.) (2022): Neutralität ist keine Lösung! Politik, Bildung – politische Bildung. Bonn (Bundeszentrale für politische Bildung), 391 S., 4,50 €


Der hier vorgestellte Sammelband widmet sich der Debatte um Neutralität in (politischen) Bildungsprozessen. Die Herausgeber Alexander Wohnig und Peter Zorn skizzieren in der Einführung ihres Bandes eine Position, die die von außen kommenden Neutralitätsanrufungen für die Profession der politischen Bildung deutlich zurückweist. Politische Bildung sei nicht neutral, sondern sich an Aufklärung, Menschenrechten und Grundgesetz orientierend normativ. Zentrales Thema des Sammelbands und seiner 22 Beiträge ist das Verhältnis von Politik, Bildung und politischer Bildung im Kontext der Neutralitätsdebatte. Steuerungsanliegen aus der Politik gegenüber der (politischen) Bildung und das Interesse, Autonomie einschränken zu wollen, spielen dabei eine zentrale Rolle genauso wie die Legitimationsperspektiven politischer Bildung. 

Der Band ist in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil „Zur ‚politischen Geografie‘ politischer Bildung und ihrer Begründung“ geht es um „das Verhältnis zu anderen Bereichen, Professionen, Feldern oder Teilsystemen, um die Differenzierung von Aufgaben und um grundsätzliche theoretische Bestimmungen und Legitimationen“ (14). Im zweiten Teil stehen die „Binnenverhältnisse der Politischen Bildung – Flurbegehung“ im Fokus. Mit dem dritten Teil „Lackmustest: Politische Partizipation und Bildung“, der das Verhältnis von politischer Partizipation und politischer Bildung beleuchtet, schließt der Band.

Manon Westphal plädiert in ihrem in­struktiven Beitrag aus demokratietheoretischer Perspektive für eine neutralitätskritische Ausrichtung politischer Bildung. Dabei rekurriert sie auf die radikale Demokratietheorie, die verdeutlicht, dass die Existenz politisch neutraler Positionen nicht möglich sei. Da „sich jede soziale Form in der Beziehung zu etwas anderem konstituiert, ist ein Plädoyer dafür, bestimmte politische Entscheidungen zu treffen oder zu verteidigen, immer auch ein Plädoyer gegen Alternativen“ (190). Statt Neutralität fokussiert die Autorin demokratische Parteilichkeit als normative Idee, „die Pluralität gefährdende Formen des Konfliktaustragens ausschließt“ (193), in deren Rahmen aber „viel Raum für Konflikt und Konfrontationen“ (ebd.) gegeben sei. So begründet sie eine neutralitätskritische politische Bildung. Die dominierenden „Formen sozialer und politischer Beziehungen“ (198) seien nie neutral und damit in Frage zu stellen und kritisierbar. Es gehe nicht um eine bestimmte Kritik, sondern um die Vermittlung von Fähigkeiten, welche die Lernenden unterstützen, selbstständig Kritik zu äußern und „im Sinne demokratischer Parteilichkeit zu agieren“ (ebd.). 

Bettina Zurstrassen entfaltet in ihrem Aufsatz eine „politische Bildung im Interesse…

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Der Rezensent

Ralf Blasche, Studienrat für die Fächer Politik & Wirtschaft, Philosophie, Ethik und Deutsch an einem Oberstufen­gymnasium in Frankfurt/M.

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