Einführung in die Politische Bildung mit Leerstellen

Nina Kolleck (2022): Politische Bildung und Demokratie. Opladen & Toronto (utb. Verlag Barbara Budrich), 201 S., 22,00 €


Bei der Vielzahl von unterschiedlichen Publikationen zur politischen Bildung stellt sich die Frage, was mit einer weiteren, breit angelegten und einführenden Publikation als Defizit diagnostiziert wird und was neu ist bzw. die bisherige Literatur- und Erkenntnislage ergänzt. Die Autorin bietet für die Bedeutung der neuen Publikation zwei Aspekte an: Erstens die politische „Bildung als fächerübergreifendes Prinzip und Querschnittsaufgabe für die Lehrkräfte aller Fächer und Schularten“ sowie zweitens „als Gesellschaftsaufgabe und damit als Thema für Fachwissenschaftler*innen und Studierende der benachbarten Disziplinen“ (11 f.) zu begründen und zu verorten.

In sechs Kapiteln geht es nach der Einführung um Begriffsbestimmungen, politische Bildung im schulischen, außerschulischen und europäischen Kontext; dann um Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Stiftungen sowie um internationale Konzepte in Bildungspolitik und politischer Bildung. Die einzelnen Texte sind weitgehend knapp und als Überblicksskizze gehalten. Sie markieren jeweils zentrale Informatio­nen und Aspekte. In der Einleitung wird die Funktion von politischer Bildung in der Schule als Schulfach, Querschnittsaufgabe und Gesellschaftsaufgabe differenziert und markiert. Bei den Begriffsbestimmungen geht es um ausgewählte basale und vor allem erziehungswissenschaftliche Dimensionen, zu denen Politik, Bildung, Erziehung, Sozialisation, Lernen, politische Bildung und Bildungspolitik/Bildungssysteme ausgewählt werden. Schon hier stellt sich die Frage, warum gerade diese – in jedem einführenden Lehr- und Handbuch nachzulesende Dimensionen und nicht andere wie Geschlecht, Konflikt und Kompromiss, Klasse/Milieu oder Herrschaft/Macht, Staat, Parteien und Demokratie, Solidarität und Gemeinwohl aufgenommen werden.

Im dritten Kapitel werden Demokratiebildung und politische Bildung synonym angeboten. Es gibt vor dem Hintergrund aktueller Begriffsdebatten und ihren Implikationen keine systematische Auseinandersetzung mit den Begriffen. Es folgen ein durchaus differenzierter Blick in Schule, dann Hinweise u. a. zu Daten aus der Forschung sowie Hinweise zur Prävention im Kontext von „Extremismus“ und „Flucht“ als Themen der politischen Bildung. Warum diese Auswahl – und nicht z. B. Klimakrise oder soziale Ungleichheit – getroffen wurde, bleibt ebenso unklar wie der nicht eingelöste Hinweis zum „außerschulischen Bereich“. Das breite und differenzierte Feld der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung bleibt in seiner Bedeutung und Systematik, den konzeptionellen Debatten und der Förderpolitik völlig ausgeblendet.

Die beiden folgenden Kapitel geben zunächst knappe Hinweise zum Selbstverständnis der EU und zu ihren Konzepten „Education für Democratic…

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Der Rezensent

Prof. em. Dr. Benno Hafeneger, lehrte und forscht an der Philipps-Universität Marburg zu „Jugend und außerschulische Jugendbildung“ und ist Mitglied der JOURNAL-Redaktion.

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