Spielfilme als ästhetisches Medium in der politischen Erwachsenenbildung
Spielfilme stellen sowohl ein ästhetisches als auch reflexives Medium dar. Die politische Erwachsenenbildung kann von diesem Potenzial ausgehend auf unterschiedlichen Ebenen profitieren.
Begrifflich kann unter „Spielfilme“ produziertes und inszeniertes Filmmaterial verstanden werden, welches unter Beteiligung von Schauspieler*innen einen bestimmten Handlungsstrang verfolgt, wobei die im Film dargestellte „Story“ im Vordergrund steht. Schauspieler*innen formen den Handlungsstrang, geben diesem seinen eigenen Takt durch Dialoge und das eigene Spiel. Spielfilme können in unterschiedlichen Genres entstehen (z. B. Drama, Komödie, Satire, Krimi, Thriller, Biopic) und vielfältige Ziele (z. B. Sensibilisierung, Aufklärung, Problematisierung) intendieren. Sie haben so das Potenzial auch politische oder politisch relevante Themen aufzugreifen, wie z. B. soziale Probleme, gesellschaftliche Entwicklungen und Sichtbarmachung politischer Prozesse, um diese mithilfe filmischer Möglichkeiten zu bearbeiten und zumeist auch einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Spielfilme und Ästhetik
Dabei wurden Filme bisweilen nicht nur positiv gesehen. Heidegger (2002) formuliert, dass „[...] unter der Herrschaft der Technik Hören und Sehen durch Funk und Film vergeht“ (Heidegger 2002: 46). Horkheimer und Adorno (2017) beschreiben den Film weiterführend als eine „automatisierte Abfolge genormter Verrichtungen“ (Horkheimer/Adorno 2017: 145). Dabei erscheint das Bild der „Verrichtung“ vor allem vor dem Hintergrund zu entstehen, dass im Vorfeld der Filmherstellung die Entwicklung eines Drehbuchs erfolgt und die filmischen Handlungsstränge und Dialoge eine Normung erfahren und nicht in der jeweiligen Situation dialogisch entstehen. Diese Einschätzung Adornos und Horkheimers übersieht die künstlerische Spontanität und Fähigkeit der spielenden Personen. Denn im Moment des Spiels wird der Dialog auf ganz individuelle Weise „zum Leben erweckt“ und zur Entfaltung gebracht. Es handelt sich um eine schöpferische Leistung und künstlerischen Umgang mit einem Text. Nicht der Text steht vor der Kamera, sondern Schauspieler*innen mit ihrem Vermögen des künstlerischen Ausdrucks und der Bereitschaft immer wieder neu zu fühlen, zu interpretieren, herzustellen und sich in eine Rolle und in einen Text hineinzubegeben. Auf Grundlage der kritischen Auseinandersetzung mit Heidegger, Horkheimer und Adorno hält Wachtendorf (2015) fest, dass der Film selbst „zunächst einmal eine Kunstform und noch nicht selbst Kunst“ (Wachtendorf 2015: 2; vgl. Priester 2019) darstellt. „Er hat damit, wie jede Form, die Möglichkeit, einen Inhalt aufzunehmen“ (Wachtendorf 2015: 2).
Bei einem filmbezogenen Ästhetikbegriff steht nicht die gesellschaftliche Bedeutung eines…
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Die Autoren
Dr. Felix Manuel Nuss ist Professor für Sozialarbeitswissenschaften an der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Münster.
Dr. Tim Wersig ist Professor für Soziale Arbeit an der MSB Medical School Berlin, Fakultät Gesundheitswissenschaften.