Politische Bildungsangebote für Geflüchtete – eine Bestandsaufnahme

Nach den Flüchtlingsbewegungen der 1990er Jahre war es in Deutschland lange still um das Thema Flucht und Asyl. Als die Zahl der Asylanträge 2012 allmählich und 2015 rasch anstieg, reagierten die Träger der politischen Bildung auf die veränderte Ausgangslage und passten ihre bestehenden Projekte an oder entwickelten neue. Um deren Spannweite zu explorieren, wurden Angebote politischer Bildung seit 2015, die explizit Geflüchtete als Zielgruppe ansprachen, in unserer Studie hinsichtlich Inhalten und Zielsetzungen analysiert.

Die Studie ist eingebettet in ein Projekt zu Demokratiebildern und Partizipation von Geflüchteten (DePaGe) im Rahmen des bayerischen Forschungsverbunds ForDemocracy. Der Schwerpunkt lag auf einer systematischen Onlinerecherche, bei der die aufgefundenen Projektträger nach weiteren Angeboten und Partnerprojekten überprüft wurden. Zudem wurde das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und darin insbesondere das Archiv des 2019 abgeschlossenen Projekts „Empowered by Democracy“ als Datenquelle herangezogen.

Limitationen dieses Vorgehens ergeben sich durch die Auffindbarkeit der Projekte und der dazugehörigen Informationen. Ein vollumfänglicher und repräsentativer Überblick kann daher nicht garantiert werden und die folgenden Analysen sind als Exploration der Angebotslandschaft zu verstehen. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass nur Projekte aufgenommen wurden, die sich explizit an Geflüchtete richteten und dies in der Projektbeschreibung angaben.

Die Erhebung von Mai 2020 bis Januar 2021 resultierte in einem Korpus von 81 Projekten, die zirkulär kategorisiert wurden. Analysiert wurden neben strukturellen Merkmalen unter anderem die Bereiche Inhalt, Zielsetzung und angesprochene Demokratiedimension, die im Folgenden dargestellt werden.

Die Projekte
Im Jahr 2015 starteten fünf der recherchierten Projekte (6,2 %), im Folgejahr mit zwölf Projekten bereits mehr als doppelt so viele (14,8 %). Nach einem Höhepunkt in 2017 (19; 23,5 %) konnten bis 2020 nur noch zehn Vorhaben identifiziert werden (12,3 %).

Hinsichtlich der Angebotsform wurden 44 Projekte (54,3 %) einmalig umgesetzt, während 36 Projekte (44,4 %) als Serie mehrmals mit verschiedenen Gruppen stattgefunden haben bzw. weiterhin stattfinden. Die meisten waren als Workshop- (29; 35,8 %) oder Seminarreihe konzipiert (24; 29,6 %), jedoch fanden sich auch Vorträge und Diskussionen als Einzelveranstaltung (10; 12,3 %) und als Reihe (9; 11,1 %). Hinzu kommen einzelne Studienreisen, Workshops, Trainings und Seminare.

Die primäre Finanzierung übernahmen bei 69 Projekten (85,2 %) mehrheitlich der Bund oder die Bundesländer, häufig im Bundesprogramm „Demokratie leben!“, und die Bundeszentrale für politische Bildung z. B. im Projekt „Empowered by Democracy“ (31; 38,3 %). Weitere sechs Projekte wurden durch Stiftungen, fünf…

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Die Autor*innen

Simon Schmidbauer, M.A. Soziale Arbeit, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) und Doktorand an der Universität Passau.

Sarah Lessig, Erzieherin, studiert Soziale Arbeit (B. A.) an der OTH Regensburg.

Dr. Sonja Haug ist Professorin für Empirische Sozialforschung an der OTH Regensburg und Leiterin des Projekts „Demokratieakzeptanz und Partizipation von Geflüchteten (DePaGe)“.

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