Gemeinwesenarbeit gegen rechte Ideologien

Friedemann Bringt: Umkämpfte Zivilgesellschaft. Mit menschenrechtsorientierter Gemeinwesenarbeit gegen Ideologen der Ungleichwertigkeit. Opladen u. a. (Verlag Barbara Budrich) 2021, 300 S., 38,00 €


Friedemann Bring gehört zu den erfahrenen und mit der vielfältigen Praxis vertrauten Akteuren der extremimuspräventiven Demokratieförderung. Er war Mitarbeiter im Kulturbüro Sachsen, Projektleiter bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus und ist heute Fachreferent beim Bundesverband Mobile Beratung. Insofern kann seine hier rezensierte wissenschaftliche Studie einerseits auf umfangreiche eigene Erfahrungen in der Gemeinwesenarbeit in Sachsen und der Mobilen Rechtsextremismusberatung aufbauen, steht aber andererseits immer in der Gefahr, die notwendige wissenschaftliche Distanz nicht angemessen einhalten zu können. Das merkt der Autor selbstkritisch am Ende seiner Studie an (250).

Das schmälert keinesfalls das Verdienst von Bringt, mit „Umkämpfte Zivilgesellschaft“ einen wichtigen Beitrag zur Geschichte und Entwicklung der präventiven Intervention gegen Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in den östlichen Bundesländern vorzulegen. Damit ist die zuvor als Dissertation an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bielefeld vorgelegte Studie auch eine interessante Quelle in der Debatte über die Zukunft der extremismuspräventiven Demokratieförderung und ein (Wehrhaftes) Demokratiefördergesetz.

Auch wenn sich Bringt implizit dem Urteil anschließt, das Konzept der Wehrhaften Demokratie sei die „Staatsideologie des Kalten Krieges“ (Wolfgang Wippermann) gewesen (23), kann er sich der damit verbundenen Idee offensichtlich nicht ganz verschließen. In der Einleitung legt er seine normativen Motive offen, dass er „extrem rechte Orientierungen als gesamtgesellschaftliche Herausforderung“ begreift, denen durch eine „menschenrechts- und prozessorientierte Demokratieperspektive mündiger Akteure begegnet werden kann, die sich gegenüber illiberalen Angriffen als wehrhaft erweist“ (17 f.).

Die von Bringt ausführlich beschriebene sozialräumliche Demokratieförderung des Kulturbüros Sachsen (140–251) ist als wichtigster und für die weitere Praxisentwicklung vielfach anregender Teil der Untersuchung anzusehen. In einer für Außenstehende krassen Zuspitzung wird dort als Ausgangsbasis eine das Bundesland Sachsen prägende extrem rechte politische Kultur beschrieben. Die immer wieder politisch aufflammende und zum Teil aggressiv zurückgewiesene Diagnose, dass der Osten der Bundesrepu­blik politisch sehr rechtsaffin sei, sieht Bringt empirisch eindeutig bestätigt: „Wahlergebnisse und Statistiken zu neonazistischer Gewalt machen deutlich, dass in ostdeutschen Gemeinwesen Demokratiedefizite, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) sowie Gewaltaffinität in einem weitaus größeren Ausmaß anzutreffen…

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Der Autor

Benedikt Widmaier, Direktor des Haus am Maiberg und Mitglied der Journal-Redaktion.

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