Europawahl 2024: Enttäuscht, aber nicht überrascht
Die Europawahl 2024 hat ein politisch gespaltenes Bild hinterlassen. Während die gemäßigten Parteien ihre Stärke im Europäischen Parlament bewahren konnten, ist ein bedeutender Zuwachs bei den rechtspopulistischen Parteien zu verzeichnen. Medien berichten über den zunehmend rechtspopulistischen Druck in Europa, der auch in Deutschland spürbar ist. Viele zeigen sich überrumpelt von der „plötzlichen“ politischen Einstellung der Menschen, andere sind empört über eine „Protestwahl für die AfD“ und „gegen unsere Regierung“. Nichtsdestotrotz: Deutschland hat gewählt – ob Protestwahl oder nicht. Wer sagt, dass das Ergebnis überraschend sei, hat die letzten Jahre die Augen nicht geöffnet.
Deutschland:
AfD zweitstärkste Kraft
64,78 % der Wahlberechtigten in Deutschland haben bei der Europawahl 2024 gewählt. Von diesen Stimmen gingen 15,9 % an die AfD, was sie nach der CDU mit 23,7 % zur zweitstärksten Partei in Deutschland macht. Betrachtet man die Stimmvergabe auf Bundesländerebene im Vergleich zur letzten Wahl des Europäischen Parlaments im Jahr 2019, zeigt sich, dass die AfD in drei weiteren Bundesländern zur stärksten Partei avanciert ist. Neben Brandenburg und Sachsen konnte sie auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern zulegen.
In den ostdeutschen Bundesländern und Frankreich haben rechtsextreme Parteien fast flächendeckend die stärkste Position eingenommen. Diese Wahl kann als wichtiger Fingerzeig für die Entwicklung der politischen Partizipation in Europa und Deutschland gewertet werden. Ein gestiegenes Bewusstsein für die Bedeutung dieser Wahl, verstärkt durch die Medienpräsenz hat dazu beigetragen, dass der Wahlkampf folgenreicher war als je zuvor.
Was bedeutet das?
Mit der Europawahl 2024 kann eine wachsende Unzufriedenheit und politische Spaltung in der EU – und in Deutschland reflektiert werden. Daraus folgt: Eine Reaktion der Politik ist erforderlich, um das Vertrauen der Bürger*innen zu stärken und die Demokratie zu festigen. Es bleibt zentrale Aufgabe, die Sorgen und Ängste der Menschen zu verstehen und entsprechend zu handeln, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Europa hat gewählt – nun gilt es, die nächsten Schritte zu bedenken und zu gestalten, um die Zukunft der Europäischen Union zu sichern.
Eine Politik, die nah an den Menschen ist, deren Bedürfnisse und Sorgen ernst nimmt und effektiv darauf reagiert, ist von größter Bedeutung. Ein großer Teil davon beginnt bei der politischen Bildung und ihrer (fehlenden) Priorität und Finanzierung. Wie können wir erwarten, dass Mitbürger*innen sich für Demokratie entscheiden, wenn Europa für viele so fern ist? Europa ist Teil unseres Lebens und wir profitieren von der EU – es bedarf lediglich des genauen Hinschauens und der Anerkennung ihrer Bedeutung. In Zeiten, die die Grundwerte der Demokratie herausfordern, ist europäische…
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Die Autorin
Sophie Margareta Gurcke, B.A. of International Relations and International Organization, ehemalige Praktikantin im Europa–Haus Leipzig e. V., Jugendleiterin und Organisatorin von internationalen Jugendbegegnungen der Stadt Detmold