Propaganda, Bilderflut, Berichterstattungsethik

Kriege sind wichtige Anlässe für Medienberichterstattung. Über sie wird je nach vermeintlicher Relevanz für ‚uns‘, unterschiedlich intensiv berichtet. Dabei lassen sich Phasen der Berichterstattung erkennen, die in eine Routinephase münden, in der stereotype Interpretationen und ein hoher Selbstbezug dominieren. Bilder – insbesondere die aus sozialen Medien – spielen eine wesentliche Rolle für unsere Wahrnehmung von Kriegen. Die Wissensvermittlung um die Mechanismen der Produktion von Bildern im Krieg, aber auch von Beeinflussungsversuchen durch Kriegsparteien ist wesentliches Ziel der Medienkompetenzstärkung.


Krieg als Medienereignis
Medien sind die wichtigsten Informationsquellen über die Geschehnisse in einem Kriegsgebiet, da dieses für das Publikum in der Regel unzugänglich ist und persönliche Kontakte zu vom Krieg betroffenen Menschen nur selten bestehen. Journalismus hat mithin die Funktion, die (nicht beteiligte) Bevölkerung so mit Informationen zu versorgen, dass sie sich eine umfassende Meinung bilden kann. Zugleich sind Kriege für Medien ein nahezu unumgänglicher Berichterstattungsanlass: Die Nachrichtenfaktoren Konflikt, Schaden oder Negativität sind generell wichtige Treiber für journalistische Thematisierungen. Kriege, die genau von diesen Faktoren geprägt sind, erfüllen deshalb die gängige Logik der Nachrichtenauswahl in hohem Maße.

Kriege scheinen unterschiedlich wichtig
Nicht über alle Kriege wird in ähnlicher Intensität berichtet. Neben der unmittelbaren Ereignislogik finden Kriege auch deshalb in den Medien statt, weil sie ein Feld der Aushandlung politischer Legitimität darstellen. Gerade der Rechtfertigungsdruck für den Eintritt in einen Krieg oder Konflikt ist in demokratischen Staaten ungleich höher als in Autokratien. Eilders (2005: 283) argumentiert, dass „Kriege […] ohne Unterstützung der öffentlichen Meinung nicht mehr geführt werden [können]“. Zudem sind Kriege, die ‚uns‘ (un-)mittelbar betreffen, deutlich präsenter in den Medien als Kriege, die geografisch und gefühlt weit weg sind. So ist der Krieg in der Ukraine 2022 aufgrund der geografischen Nähe, der vielen Flüchtenden und der Debatte um eine deutsche Beteiligung viel dominanter in den deutschen Medien als der Krieg im Jemen, der zwar seit 2015 hunderttausende Tote gefordert hat, aber weitgehend ohne deutsche Betroffenheit verläuft. Kriegsberichterstattung ist also immer als Konstruktion einer spezifischen – von politischen und gesellschaftlichen Faktoren geprägten – Wirklichkeit zu hinterfragen und nicht als Abbild einer vermeintlich allgemeingültigen Realität zu verstehen.

Die Relevanz von Bildern und ihre Auswirkungen
Bilder prägen heute aufgrund ihrer Omnipräsenz, der ihnen zugeschriebenen Authentizität und ihrer Einprägsamkeit besonders die Wahrnehmung eines Krieges (Paul 2009). Der Kampf um die Publikation…

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Die Autorin

Carola Richter ist ist Professorin für Internationale Kommunikation an der Freien Universität Berlin. Sie forscht zu Mediensystemen, insbesondere im arabischen Raum, sowie zu Medien und Migration, Auslandsberichterstattung und Media Literacy.

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