Digitale Informationskompetenzen verbesserungsfähig

Die vergangenen Monate unter den Bedingungen der Corona-Pandemie haben in besonderer Weise gezeigt, wie wichtig es ist, Nachrichten und Informationen einzuordnen, zu verstehen und auch zu hinterfragen. Insbesondere im Umgang mit den diversen Informationskanälen der Sozialen Medien, aber auch in Hinblick auf sich weiterentwickelnde wissenschaftliche Erkenntnisse oder die Bewertung sich verändernder Erfahrungen bei der Bekämpfung einer Pandemie, waren Medienkompetenzen gefragt. 

Doch das gilt generell für die Wahrnehmung von Nachrichten, Informationen und Mitteilungen in Sozialen Medien, aber auch in den klassischen Medien. Beim Verstehen und der Einordnung digitaler Botschaften kommt noch hinzu, dass quasi jede*r Informationen platzieren oder auch weiterleiten kann. Die Arbeit von klassischen Medien zeichnet sich dadurch aus, dass z. B. Pressemitteilungen und Nachrichten in einer Redaktion journalistisch geprüft werden. Zudem sind die klassischen Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, Fernsehen) traditionellerweise in der politischen Geografie der Gesellschaft verortet – ihr Standort ist weitgehend bekannt – oder die Position der damit verbundenen Akteure im Geflecht ökonomischer und gesellschaftlicher Interessen ist einzuschätzen. Nun eröffnen digitale Medien durch die Option der direkten Kommunikation die Möglichkeit eines unmittelbaren Zugangs zu Rezipient*innen. Deshalb sind besondere Kompetenzen erforderlich, um z. B. die Zuverlässigkeit von Quellen zu bewerten, Nachrichten und Informationen von Kommentaren und Meinungsbeiträgen zu unterscheiden, PR-Inhalte und Interessen zu erkennen oder auch Desinformationen zu identifizieren.

Wie es um die Nachrichten- und Informationskompetenz der Bevölkerung bestellt ist, hat die Stiftung Neue Verantwortung in einer Studie untersuchen lassen. Die Stiftung versteht sich als ein unabhängiger Think-Tank, der sich in Studien und Expertisen insbesondere mit den gesellschaftlichen Auswirkungen und politischen Zusammenhängen der Digitalisierung und der neuen Technologien beschäftigt.

Zur Durchführung der Studie wurde ein Nachrichtenkompetenz-Test entwickelt, der im Herbst 2020 im Rahmen einer repräsentativen Stichprobe (4.191 Teilnehmende, deutschsprachige Bevölkerung über 18 Jahre mit Internetzugang) durchgeführt wurde. Der Test bezog sich auf konkrete Fähigkeiten im Umgang mit Informationen und Nachrichten. Mit den Fragen und Aufgaben des Tests wurden folgenden Aspekte angesprochen: a) die Fähigkeit in digitalen Nachrichtenumgebungen zu navigieren, b) die Beurteilung der Qualität von Nachrichten und Informationen, c) die Prüfung der Zuverlässigkeit von Quellen, d) die Bereitschaft zum rationalen Diskurs, e) die Kenntnisse über die Funktionsweise digitaler Öffentlichkeiten und f) die Einstellungen zur Meinungsfreiheit, zu freien Medien und zum Journalismus.

Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Nutzer*innen des Internets über Grundkenntnisse verfügen, um einigermaßen kompetent durch ein neues Medienumfeld zu navigieren. Doch scheinen die Kompetenzen noch deutlich ausbaufähig zu sein. Im Test erzielen nur 22 % der Befragten hohe oder sehr hohe Werte (mehr als 18 von 30 möglichen Punkten), ein Drittel liegt im Mittelfeld mit 13,3 Punkten im Schnitt und 46 % erreichen geringe und sehr geringe Werte (bis höchstens 12 Punkte). Etwa die Hälfte der Befragten konnte erkennen, wenn eine Quelle nicht neutral oder nicht vertrauenswürdig ist. Grundsätzlich waren die Befragen jedoch sehr daran interessiert, korrekte Informationen zu teilen und keine Fake News zu verbreiten.

Für einen erheblichen Teil der Befragten war es schwierig, zwischen Werbung, Information, Desinformation und Meinung zu unterscheiden. Ca. 33 % hielten einen Kommentar für einen tatsachenorientierten Bericht. Eine Falschinformation wurde lediglich von 43 % erkannt. Die digitale Nachrichtenkompetenz variiert abhängig von Alter und Schulbildung. In höheren Altersgruppen wurden geringere Kompetenzwerte erzielt, ebenfalls von Menschen mit niedriger Schulbildung. Als problematisch sind weiterhin die Ergebnisse der Studie zur Unabhängigkeit des Journalismus einzuschätzen. Ein Viertel der Befragten stimmt der Aussage zu, dass Medien und Politik Hand in Hand arbeiten, um die Bevölkerung zu manipulieren (weitere 28 % sagen teils/teils). Gar 24 % geben an, dass die Bevölkerung in Deutschland von den Medien systematisch belogen wird. Auch in Hinblick auf den Status des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestehen merkwürdige Vorstellungen. 22 % der Befragten sind überzeugt, dass die Politik auf die Berichterstattung Einfluss nimmt. Zudem denken 35 %, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Staatsministerin für Kultur und Medien unterstellt ist, und 40 % sind sich in dieser Frage nicht ganz sicher.

Eine Aufgabe der politischen Medienbildung
Die weiteren Details der Studie sind als eine unübersehbare Herausforderung für eine politische Medienbildung zu verstehen, sich intensiver mit der Frage von Nachrichten- und Informationskompetenzen zu beschäftigen. Denn die Relevanz einer digitalen Öffentlichkeit zu erkennen sowie die Fähigkeiten, Informationen/Nachrichten finden, analysieren, verifizieren, bewerten, kommentieren und teilen zu können, sind für eine plurale demokratische Gesellschaft grundlegend.

Die eigene Nachrichtenkompetenz testen: https://der-newstest.de/

Download der Studie: https://tinyurl.com/2uy7b54e

Zitation:
Waldmann, Klaus (2021). Digitale Informationskompetenzen verbesserungsfähig, in: Journal für politische Bildung 3/2021, 55-56.

Ein Beitrag aus