Austausch für alle

Kinder und Jugendliche wachsen heute in einer kulturell heterogenen und global vernetzen Welt auf, in der Soziale Medien jederzeit Kontakte über Ländergrenzen hinweg erlauben und das Weltgeschehen per Livestream in Echtzeit zu verfolgen ist. Interkulturelle Begegnungen, schon im multiethnischen Klassenzimmer, sind oft selbstverständlich und Fremdsprachenkenntnisse oder Auslandserfahrungen gelten als unentbehrlich für eine erfolgreiche Berufslaufbahn. Es wäre also anzunehmen, interkulturelle Kompetenz sei für Jugendliche aller gesellschaftlichen Gruppen eine Selbstverständlichkeit.

Global Competence zu vermitteln ist eine wichtige Aufgabe von Schule und Jugendarbeit Global Competence ist heute dringend erforderlich, denn wir stehen vor weltweiten Herausforderungen wie dem Klimawandel, die nur durch internationale Kooperationen und ein gesellschaftlich breites Verständnis globaler Fragen lösbar sind. Vermittlung dieser Kompetenzen sollte also zentrales Anliegen eines zeitgemäßen Bildungssystems sein.

Doch die Wirklichkeit ist eine andere: Fremdsprachen werden in der Schule mit Büchern und Medien gelehrt, die Auslandserfahrungen vieler Jugendlicher beschränken sich auf touristische Reisen, nur wenige haben mit Menschen anderer Länder oder Kulturen gelebt und gearbeitet. Internationale Themen, etwa Klimawandel und weltweite Migration, sind zwar Bestandteil der Bildungspläne, doch sie bleiben oft nur theoretisches Wissen und werden ohne ein tieferes, empathisches Verständnis vermittelt. Vielen Jugendlichen fehlt ein multiperspektivisches Verständnis von Geschichte oder ein Bewusstsein von Kultur und Zugehörigkeit, das die Überwindung von Grenzen zulässt. Auch an Fähigkeiten zu wirklicher interkultureller Kommunika­tion und gewaltfreier Konfliktlösung mangelt es oft. 

Die OECD, die die weltweiten PISA-Studien durchführt, versteht unter Global Competence „die Fähigkeit, sich mit globalen und interkulturellen Themen auseinanderzusetzen, verschiedene Perspektiven und Sichtweisen zu verstehen und wertzuschätzen, erfolgreich und respektvoll mit anderen zu interagieren sowie sich für das kollektive Wohlbefinden und eine nachhaltige Entwicklung einzusetzen“ (vgl. OECD 2020: 5).

Die Sonderauswertung 2018 stellt ein entsprechendes Defizit fest: Jugendliche in Deutschland fühlen sich gut über globale Fragen informiert, trauen sich zu, diese Themen zu beurteilen und bekunden Respekt gegenüber Menschen anderer Kulturen. Ihr konkretes Interesse, etwas über andere Kulturen zu lernen, genauso wie ihr Wille, sich aktiv für globale Ziele zu engagieren, ist im internationalen Vergleich aber eher gering ausgeprägt (vgl. Weis 2020: 6).

Austausch für alle ermöglicht ein besseres Verständnis globaler Zusammenhänge
Für ein gesellschaftlich breites, vertieftes Verständnis globaler Zusammenhänge braucht es systematische Zugänge zu…

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Autor*innen

Bernd Böttcher leitet das Transferbüro der Initiative „Austausch macht Schule“ der internationalen Jugendarbeit, das sich dafür einsetzt, jedem Schüler und jeder Schülerin die Teilnahme an einem internationalen Austausch zu ermöglichen.

Jantje Theege leitet beim Deutschen Youth For Understanding Komitee e. V. (YFU) den Bereich „Fundraising und Vernetzung“. Sie setzt sich für interkulturelle Bildung, Demokratie­erziehung und die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung im Kontext internationaler Begegnungen ein.

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