Emotionen

Journal für politische Bildung 2/2018

unter Mitarbeit von
Anja Besand, Juliane Brauer, Werner Friedrichs, Philipp Legrand, Frederik Metje, Susanne Offen, Carolin Wenzel, Katarzyna Wielga-Skolimowska

In den vergangenen Jahren haben Wut, Hass und Ressentiments zunehmend den öffentlichen Raum bestimmt und populistischen Strömungen einen Nährboden geboten. Infolgedessen haben sich gerade diejenigen (re-)politisiert, die vorher zu einer schweigenden Masse zählten, sich an Wahlen oftmals nicht beteiligten und sich als Verlierer des politischen Systems empfinden. In der Bevölkerung scheinen sich zwei unvereinbare Haltungen gegenüber zu stehen: Auf der einen Seite diejenigen, die ihren Ärger und ihre Ängste herauslassen und einer Diskussion darüber zumeist aus dem Wege gehen. Auf der anderen Sei…

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Bestellnummer: Jpb2_18
EAN: Jpb2_18
ISBN: Jpb2_18
Reihe: Journal für politische Bildung
Erscheinungsjahr: 2018
Seitenzahl: 80
Produktinformationen

In den vergangenen Jahren haben Wut, Hass und Ressentiments zunehmend den öffentlichen Raum bestimmt und populistischen Strömungen einen Nährboden geboten. Infolgedessen haben sich gerade diejenigen (re-)politisiert, die vorher zu einer schweigenden Masse zählten, sich an Wahlen oftmals nicht beteiligten und sich als Verlierer des politischen Systems empfinden.

In der Bevölkerung scheinen sich zwei unvereinbare Haltungen gegenüber zu stehen: Auf der einen Seite diejenigen, die ihren Ärger und ihre Ängste herauslassen und einer Diskussion darüber zumeist aus dem Wege gehen. Auf der anderen Seite diejenigen, die sich im rationalen Diskurs zu Hause fühlen und nur mit Leuten reden, die sich auch auf diese Ebene einlassen wollen oder können. Demokratietheoretisch ist die Polarisierung erst einmal positiv: Die Wahlbeteiligung zur Bundestagswahl 2017 ist erstmals seit zwei Legislaturen wieder gestiegen.

Die demokratische Öffentlichkeit steht in einem geteilten Verhältnis zu Emotionen und Gefühlen in der Politik und im politischen Wettbewerb. Einerseits laufen Politiker/-innen Gefahr, aufgrund von Gefühlsäußerungen als „gefühlsduselig“, irrational oder gar hysterisch zu erscheinen und nicht faktenbasiert zu argumentieren. Diese Skepsis gegenüber Emotionen gilt jedoch auch für andere politische und gesellschaftliche Akteure im engeren Sinne: Wo die Sachlichkeit von Entscheidungen, die Rationalität von Strategien, die mit Statistiken belegte Objektivität von Einschätzungen gefordert werden, scheinen Gefühle und Emotionen nur zu stören. Begriffen wie „Wutbürger“ ist bereits die Kritik eingeschrieben, die Empörten seien einzig von übertriebenen Gefühlen geleitet, für rationale Argumente nicht mehr zugänglich und daher „bloß“ emotional gesteuert. Andererseits jedoch scheinen Gefühlsäußerungen in der politischen Kommunikation einer Aussage das Siegel der Authentizität zu verleihen; kein politischer Akteur darf als emotionslos und roboterhaft erscheinen. Gefordert wird vielmehr, dass Politiker/-innen auch ihre „menschliche Seite“, also Gefühle zeigen. Auch bezüglich der Bürger/-innen ist im öffentlichen Diskurs die These anzutreffen, dass Emotionen notwendiger Ausgangspunkt politischen Engagements seien: Empörung wird als demokratische Bürgertugend beschrieben und kategorisch eingefordert. Ebenso wird oftmals erwartet, die Europäische Union aufgrund des „europäischen Friedensprojekts“ grundsätzlich erst einmal lieb zu haben – denn das politische Konstrukt EU erscheint oft als bürgerfernes, emotionsloses und bürokratisches Monster – „Niemand verliebt sich in einen Binnenmarkt“ (Jacques Delors). Demokratiegefährdend ist aus dieser Sicht nicht die Unvernunft eines emotionalisierten Mobs, sondern die Lethargie einer saturierten Konsumgesellschaft, die auch im Angesicht großer gesellschaftlicher Missstände zur Empörung nicht mehr fähig ist und sich teils gänzlich aus dem politisch-gesellschaftlichen Diskurs zurückgezogen hat.

Dieser Thematik widmet sich auch der 14. Bundeskongress für politische Bildung im Frühjahr 2019 in Leipzig mit dem Themenschwerpunkt „Was uns bewegt! Emotionen in Politik und Gesellschaft“. Dieses Heft lenkt das Augenmerk bereits 2018 auf das Thema und stellt zur Diskussion, was politische Bildner/-innen bewegt: Emotionen in Politik und Gesellschaft.

Inhaltsübersicht

Inhalt

 

 

 


MitDenken
4     Philipp Legrand
Jugend stärken im Quartier. Förderung von
Demokratie- und Partizipationskompetenzen



SchwerPunkt
Emotionen

10     Anja Besand
Lernen im Feld vermeintlicher Gewissheiten
Zur Reflexion von Emotionen in politischen
Bildungsprozessen

16     Werner Friedrichs
Gefühle politisch artikulieren
Über die Bedeutung von Gefühlen für die
politische Bildung vor dem Hintergrund der
neuen Demokratietheorien

24     Juliane Brauer
Fühlen und Lernen. Ein Blick auf Emotionen im
Klassenzimmer und darüber hinaus

30     Susanne Offen
Narrationen und Narrative als Zugang zu
Emotionen in der politischen Bildung

34     Frederik Metje
Einblicke in das Verhältnis von Politik
und Gefühlen

 

ZeitZeugen

40     Stephanie Hartung
Pulse of Europe: Wir müssen Europa lieben,
um die EU zu retten. Warum es sich lohnt, für
die europäische Idee einzustehen

 



BildungsPraxis

44     Jette Stockhausen, Alexander Wohnig
360° Europa – Europa wird rundgemacht!
Projektbericht von Carolin Wenzel
„Betzavta“ – Ein besonderer Ansatz zum
Demokratie-Lernen. Projektskizze von
René Koroliuk und Stephan Schack
Politische Bildung in einer polarisierten
Gesellschaft. Interview mit Tina Hölzel

MitDenken

4     Jugend stärken im Quartier
Neben der Frage der Vermittlung von Kompetenzen,
die für eine politische Partizipation notwendig sind, ist
auch die Art und Weise der motivierenden Didaktik ein
zentrales Element, um die Bereitschaft zur Partizipation
zu erhöhen.

 

 

SchwerPunkt

10     Emotionen in politischen Bildungsprozessen?
Emotionen aus politischer Bildung heraushalten zu wollen
ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn die
Zu- oder Abwendung von politischen und gesellschaftlichen
Fragen ist seit jeher (und zwar im Guten wie im
Schlechten) mit Emotionen verbunden!

 

 

SchwerPunkt

16     Gefühle politisch artikulieren
Gefühle stehen im Ruf, irrational zu sein und damit keine
Grundlage für normativ belastbare Aufklärungsarbeit
liefern zu können. Der Didaktiker Werner Friedrichs
analysiert deren Bedeutung für die politische Bildung
vor dem Hintergrund der neuen Demokratietheorien.

 

 

SchwerPunkt

30     Game of Thrones und politische Bildung?
„Ja!“, antwortet unser Redaktionsmitglied Susanne
Offen. Die Thematisierung von Politik entlang medialer
Welten jugendlicher Zielgruppen erschließt Zugänge zu
emotionalen Dimensionen der Auseinandersetzung mit
dem Politischen.

 

ZeitZeugen

38     Stephanie Hartung
Als Bürgerbewegung Pulse of Europe haben Stephanie
Hartung und ihre Mitstreiter/-innen im November 2016
entschieden, den Entwicklungen in Europa nicht länger
tatenlos zuzuschauen, sondern ein klares Zeichen für
die EU und für den Erhalt demokratischer Grundwerte
zu setzen.

 

BildungsPraxis

44     Politische Bildung in einer polarisierten
Gesellschaft
Emotionen können als Lernzugänge und auch als Lern-
behinderungen wirken. Wie können emotionale Lern-
zugänge ganz konkret aussehen, welche Erfahrungen
sind wichtig und wie können an sie anschließend
Bildungs- und Lernprozesse methodisch angeleitet und
begleitet werden?

2/2018

 

 

VorGänge

54     Bundeskongress politische Bildung: Emotionen /
Dossier „Emotionen und politische Bildung“ /
Fachtagung „Demokratieförderung“ / Mitglie-
derversammlung des bap / Runder Tisch der
politischen Bildung / Visionen für eine gerech-
tere Welt – Demokratische Stimme der Jugend

 

LeseZeichen

60     Was hat Demokratie mit Liebe zu tun? /
Opportunismus und Repression / Imperiale
Lebensweise – Skandal der Ungleichheit /
Die Zumutung des Lebenslangen Lernens /
Brot und Spiele

 

ÜberGrenzen

70 Katarzyna Wielga-Skolimowska
Polen/Deutschland 1918
Ein Jahr, das uns trennt und verbindet

 

AusBlick

74 Fußball, Politik, Emotionen: WM 2018 /
Jugend-Check auf Bundesebene / Expertise:
Bildungsarbeit mit Gefl üchteten / „weiter
bilden“ – die neue DIE Zeitschrift / Personen &
Organisationen / Veranstaltungen

Autor*innen

Prof. Dr. Anja Besand
ist seit 2009 Professorin für Didaktik der politischen Bildung an der Technischen Universität Dresden. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen ästhetische und politische Bildung, inklusive politische Bildung sowie mediale Politikvermittlung.

Dr. Juliane Brauer,
Historikerin und Geschichtsdidaktikerin, arbeitet am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung im Forschungsbereich Geschichte der Gefühle über Emotionen und historisches Lernen.

Dr. Werner Friedrichs
leitet die Didaktik der Sozialkunde an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Zuvor forschte und lehrte er zu politikdidaktischen Grundfragen an der Leibniz Universität Hannover und der Universität Hamburg und war Fachleiter am Studienseminar Celle.

Stephanie Hartung,
LL.M., arbeitet seit 1997 als Rechtsanwältin und seit 2017 als Mediatorin in Frankfurt am Main. Im Januar 2017 gehörte Stephanie Hartung zu den acht Gründungsmitgliedern der pro-europäischen Bürgerbewegung „Pulse of Europe“. Sie ist Vorstandsmitglied des gemeinnützigen Pulse of Europe e. V. mit Sitz in Frankfurt/M. und übt u. a. die Funktion der bundesweiten Pressesprecherin der Bürgerbewegung aus.

Philipp Legrand,
Dipl.-Sozialwissenschaftler, ist Integrationsbeauftragter und Leiter der Koordinierungsstelle „Jugend stärken im Quartier“ der Stadt Bergen.

Frederik Metje
ist Promovend, Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung und assoziiertes Mitglied des Lehrstuhls der Didaktik der politischen Bildung an der Universität Kassel. Er arbeitet zur kritischen Sozialphilosophie, Affekt- und Emotionsforschung sowie zur politischen Bildungstheorie.

Dr. Susanne Offen
ist Bildungswissenschaftlerin sowie Studienrätin für das Lehramt an berufsbildenden Schulen mit den Unterrichtsfächern Politik und Sozialpädagogik. Aktuell verwaltet sie eine Professur für Sachunterricht an der Leuphana Universität Lüneburg. Der außerschulischen politischen Bildung ist sie über Arbeit und Leben Hamburg verbunden. Seit Frühjahr 2017 ist sie zudem Teil der erweiterten Journal-Redaktion.

Carolin Wenzel
studierte Integrierte Europastudien sowie Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas in Bremen, Krakau und Frankfurt (Oder). Seit 2012 ist sie bei der Kreisau-Initiative e. V. in Berlin aktiv. Dort leitet sie als Bildungsreferentin den Schwerpunktbereich Zeitgeschichte und Menschenrechte.

Katarzyna Wielga-Skolimowska
ist Theaterwissenschaftlerin sowie Managerin und Kuratorin internationaler Kulturprojekte. Seit 2017 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) mit Schwerpunkt Polen.

Journal für politische Bildung

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